Sanft federt der Moorboden unter dem Schnürschuh des Wanderers und dämpft jeden Laut. Schwarzstorch und Pirol lassen sich hier beobachten, und dort zieht ein Rudel Rotwild gemächlich durch den urwaldartigen Bestand. Über Jahrtausende hinweg sind Torfmoose unter Einfluss von viel Regen und wenig Sauerstoff vergammelt und haben das Grambower Hofmoor gebildet. Regenmoore, die auch Hochmoore genannt werden, weil sich die Torfschicht im Lauf der Zeit uhrglasförmig aufwölbt, sind seltene und bedrohte Biotope. Die meisten der einst ausgedehnten Moore Europas sind Trockenlegung und Torfabbau zum Opfer gefallen. Und auch das im Landkreis Nordwestmecklenburg in der Nähe von Schwerin gelegene Grambower Hofmoor ist gefährdet: Die Firma Lübkes Nordtorf würde es gern zu Blumenerde verarbeiten. Dagegen regt sich Widerstand. Der 1992 gegründete Förderverein Grambower Moor setzt sich für den Erhalt des Biotops ein. Zu den Mitgliederns des Vereins zählen Naturschützer, Forstleute, Jäger und Landwirte, aber auch Anwohner, die Belästigungen durch Lärm und Staub bei Torfabbau fürchten. Auch die betroffenen Gemeinden Grambow und Wittenfördern sehen die Pläne kritisch, wollen den Verlust des wertvollen Naherholungsgebiets nicht hinnehmen. Hans Martin Lösch ist Erster Vorsitzender des Vereins und zugleich Eigentümer des knapp 100 Hektar großen Areals. Kann er als Eigentümer der Fläche den Torfabbau nicht einfach untersagen? „Nein“, erklärt Lösch, „Das geht aufgrund der im Einigungsvertrag festgeschriebenen Fortdauer des DDR-Bergrechts nicht.“ In der DDR galten alle Bodenschätze, zu denen auch Torf, Kreide, Ton oder Kies zählten, als sogenannte „bergfreie Bodenschätze“. Sie waren Volkseigentum und durften nur vom Staat gefördert werden. In den alten Bundesländern sind diese Stoffe „grundeigene Bodenschätze“, über die der Grundstückseigentümer verfügen kann. „Wenn der Firma der Torfabbau genehmigt wird, dürfte ich zwar das auf dem Moorboden gewachsene, eher wertlose Holz nutzen, der Torf würde entschädigungslos abgebaut werden“, erklärt Lösch. Das Biotop wäre erstmal futsch.
KEIN MOOR, SONDERN WALD In einem vom Förderverein Grambower Moor in Auftrag gegebenen Gutachten kommt der renommierte Forstökologe Knut Sturm zu dem Schluss, dass das Hofmoor einen „nach allen Naturschutzüberlegungen schutzwürdigen Lebensraum“ darstelle. Die Schutzwürdigkeit der Gebiets nach erfolgter Renaturierung sei „deutlich schlechter“ einzustufen. Martin Froben, Leiter des Bergamts Mecklenburg-Vorpommern in Stralsund, widerspricht dieser Darstellung. So wertvoll sei das Biotop einem älteren Gutachten zufolge gar nicht. „Beim Grambower Hofmoor handelt sich ja um kein Moor mehr, sondern um Wald, der auf einem Moorstandort gewachsen ist. Feuchtflächen sind nur noch in wenigen Teilen vorhanden“, erläutert Froben.
BLANKER ZYNISMUS Außerdem habe man mit der Rekultivierung abgebauter Torfstiche gute Erfahrungen gemacht. An dem Standort könne schnell ein neues Moor entstehen – im Lauf von zwei – bis viertausend Jahren. „Das ist doch blanker Zynismus“, ereifert sich Lösch. Er fordert, dass Hofmoor wiederzuvernässen. So könne es auch seine Funktion als natürlicher CO2-Speicher erfüllen.
KLIMASCHÄDLING TORF Umweltschützer kritisieren den Abbau von Torf und dessen Verwendung für gärtnerische Zwecke, weil dabei große Mengen klimaschädlichen Kohlendioxids freigesetzt werden. Im Moorschutzkonzept des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist auch deshalb der langfristige Ausstieg aus dem Torfabbau beschlossen worden. Doch für das Grambower Hofmoor kommt das Umdenken womöglich zu spät. Die Genehmigungsverfahren zum Torfabbau laufen, der Ausgang ist offen.