In Deutschland gibt es so viele Jäger wie nie. Auch immer mehr Manager tauchen ein in die Parallelwelt. Für sie organisieren Jagdschulen Spezialkurse. Wer es exotisch mag, reist nach Afrika und erntet Kritik von Greenpeace. Seit 44 Jahren zieht es Günter Wulf in den Wald um Eslohe-Kückelheim im Sauerland. Dann geht er auf die Jagd in seinem eigenen 900 Hektar großen Revier. Wulf, 60, ist Inhaber des Mittelständlers Ketten Wulf, dem Weltmarktführer für Antriebsketten und Kettenrädern. Seine Leidenschaft präsentiert er jedem in der neuen Firmenzentrale. Dort steht ein von ihm geschossener Leopard in der ausgestopften Version. Was Günter Wulf seit seiner Jugendzeit betreibt, ist unter Wirtschaftskapitänen, aber auch bei Promis und Politikern, gern gepflegte Freizeitbeschäftigung. Man spricht nur nicht so gern darüber, etwa in den PR-Abteilungen jener Konzerne, deren Chefs ab und an gern mal die Flinte in die Hand nehmen. Denn Jagen polarisiert, im Gegensatz zum Golfen. Entweder man ist dafür oder dagegen – dazwischen gibt es eigentlich nichts. 2007 gab es in Deutschland 349 500 Jäger Gesellschaftsfähig ist die Jagd längst unter deutschen Top-Managern. RWE-Chef Jürgen Großmann geht gern auf die Pirsch, auch Porsche-Lenker Wendelin Wiedeking, Puma-Vorstandsvorsitzender Jochen Zeitz, Haribo-Inhaber Hans-Joachim Riegel und Trigema-Chef Wolfgang Krupp. Waidmannsheil ist angesagt wie nie. Nach Angaben des Deutschen Jagdschutzverbandes gab es 2007 in Deutschland 349 500 Jäger. Das sind gut 10 000 mehr als 1997 und rund 85 000 mehr als 1987. Die meisten Jagdscheininhaber sind in NRW (83 900) gemeldet, vor Niedersachsen (60 000) und Bayern (48 000). Vom Trend zum Jagen profitiert Hans Martin Lösch, 40, Inhaber der Jagdschule Gut Grambow in Mecklenburg-Vorpommern, eine der profiliertesten Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Löschs Kurse sind übers ganze Jahr ausgebucht, auch die für Führungskräfte. „Die Führungsriege in der Wirtschaft ist jagdaffin“ 6000 Euro kostet das 14-tägige Intensivseminar mit maximal vier Teilnehmern. Drei Wochen mit 15 Personen gibt es schon für 2880 Euro. Vermittelt wird das Einmaleins des Jagdlateins: Wildbiologie, Waffenhandhabung, Schießen oder Versorgung des geschossenen Wildes. „Die Führungsriege in der Wirtschaft ist jagdaffin“, sagt Lösch und stellt eine enge Verbundenheit zwischen Jäger und Manager fest. „Der berufliche Alltag von Managern ist sehr zielgerichtet. Das ist wie bei der Jagd das Aufsuchen und Erlegen des Wildes“, sagt Lösch. Für Wirtschaftsmanager ist die Jagd aber auch so etwas wie eine Parallelwelt. Grüner Lodenmantel statt schwarzer Anzug, Hochsitz statt Konferenzzimmer, Erbsensuppe am Lagerfeuer statt Coq au Vin im Restaurant. Fleißig sind deutsche Jäger allemal. In der Saison 2006/2007 erlegten sie Rehwild im Wert von 54,5 Millionen Euro, Schwarzwild für 45,2 Millionen und Rotwild für 16,4 Millionen. Der Wert der gesamten Beute lag bei 144,4 Millionen Euro. Dass hinter diesen Abschüssen nicht nur die reine Freude, sondern Notwendigkeit steckt, ist für Lösch keine Frage. So bleibe über die Jagd der gesunde, artenreiche Wildbestand erhalten, sagt er. Tier- und Umweltschutzorganisationen warnen vor Jagdreisen Seinen Leoparden hat Mittelständler Wulf freilich nicht im Sauerland, sondern in Simbabwe geschossen. Wer es wie er gern exotischer mag, bekommt genügend Angebote. Den Abschuss eines Kamtschatka-Bären im Ural gibt es für 6500 Euro. Wulf aber zieht es mehr nach Afrika. Elefanten hat er dort schon geschossen. „In Namibia hatte ich schon mal freie Büchse auf 17 000 Hektar“, erzählt er. Tier- und Umweltschutzorganisationen warnen vor solchen Jagdreisen. „Wer genügend Geld hinblättert, darf noch im 21. Jahrhundert zum Spaß Leoparden, Geparde, Löwen, Elefanten und Nashörner töten“, kritisiert Greenpeace. Wulf lässt davon erst einmal die Finger. „Elefanten sind teuer geworden, in Botswana nicht unter 20 000 Euro“, sagt er. Da bleibt er doch lieber daheim und schießt auf Hasen. Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung – Der Westen